Der Mann im Mond

Am Donnerstag, den 7. 6. 2012 hatte die Pfarre Baumgarten wieder ein ganz besonderes Fest zu feiern, Fronleichnam. Die Feierlichkeiten begannen auch heuer wieder um 9 Uhr, die Vorbereitungen schon viel, viel früher. Umso erstaunlicher, dass Groß und Klein, trotz der Müdigkeit dennoch bestens gelaunt, singend und Blumen streuend, mit Jesus in ihrer Mitte, die feierlich-traditionelle Fronleichnamsprozession vollzogen.


Eine Stunde früher Aufwachen ist heute angesagt! Denn heute ist wieder ein ganz besonderes kirchliches Fest zu feiern! Welches Fest diesmal? Die Firmung war doch erst gerade? Die Erstkommunion ist auch schon vorüber und dennoch kann man in den ersten Bankreihen in der Kirche lauter Kinder in geblümten und festlich bunten Kleidern entdecken. Manche tummeln sich ganz in weiß durch die Kinderbänke, andere tragen Blümchen und Schleifen in den Haaren, viele haben einen Korb voller Blütenblätter neben sich liegen.


Dieses Fest scheint etwas ganz Besonderes zu sein. Feiert jemand Geburtstag? Kaplan Pawel Marniak fragt die Kinder während der Predigt, welche Feste denn zu Hause gerne gefeiert werden. Der Geburtstag steht an erster Stelle, da man ja an diesem Tag sogar Geschenke bekommt. Aber nicht nur Menschen haben einen Geburtstag, auch ein Haustier oder unsere Kirche können ihren Geburtstag feiern.


Die Kirche feiert sogar ganz viele Feste! Weihnachten, Ostern, Firmung, Pfingsten … Jedes dieser Feste hat seinen Geburtstag, an den wir uns jedes Jahr gemeinsam erinnern. Auch das heutige Fest hat einen Geburtstag! Fronleichnam ist allerdings altersmäßig der Ur-ur-ur-ur…Opa unter uns allen – das Fest ist fast schon 800 Jahre alt! Kein Wunder, dass diese Geburtstagsparty es verdient, ganz besonders aufwendig gestaltet zu werden.


Gleich gibt Kaplan Marniak allen anwesenden ein kniffliges Bilderrätsel auf: ein riesengroßer Kreis mit einem dunklen Fleck. Was könnte das sein? Ein Frisbee? Ein Eidotter? Manche erinnert das Bild an eine Hostie, andere sehen einen Mond. Beide sollen Recht haben! Kaplan Marniak erzählt uns die Geschichte von einem kleinen Mädchen namens Juliane. Dieses Mädchen verlor mit 5 Jahren seine Eltern und da es damals noch keine Kinderheime gab, wuchs die kleine Juliane seitdem in einem Kloster auf.


Dort hat sie viel gearbeitet und gebetet. Als sie 16 Jahre alt und eine junge Frau wurde, fiel ihr in einer Nacht beim Beten vor dem Tabernakel ein dunkler Fleck auf dem Mond auf. Juliane betete zu Jesus und fragte ihn, was dieser Fleck zu bedeuten hatte. Jesus gab ihr tatsächlich eine Antwort – der Mond leuchtet aufgrund der vielen Feste, die wir feiern. Doch ein Fest wurde noch nicht entdeckt, der dunkle Fleckt symbolisiert ein Fest, dass noch nicht gefeiert wird. Das Fest der Eucharistie, Fronleichnam.


Kaplan Pawel Marniak hält eine große Mondscheibe aus Pappkarton mit einem kleinen braunen Loch in die Höhe. Ein paar freiwillige Kinder dürfen ihm helfen herauszufinden, womit man das Loch in dem Mond zu stopfen versuchen könnte. Und die Lösung ist ganz einfach! Wir finden heraus, dass das fehlende Puzzlestück eine Hostie ist, die ganz genau in das kleine Loch des Mondes hineinpasst! Jesus füllt das kleine Loch in unserem Mond aus und macht ihn vollkommen! Und diese Ergänzung, das Wichtigste aller Puzzlestücke, die Eucharistie, feiern wir seit dem Jahre 1246.


Nun holen wir uns das fehlende Stückchen Mond in unsere Mitte, Pfarrer Abrahamowicz erklärt, dass die Monstranz vom lateinischen Wort „monstrare“ stammt, was übersetzt „zeigen“ bedeutet. Die Monstranz zeigt uns in seiner Mitte den Leib Christi, umrundet von einem Kranz goldener Strahlen, Edelsteinen und Zeichnungen. Mit einem von vier Personen über der Monstranz getragenen Himmelsdach und begleitet von einer großen Schar an singenden Baumgartnern, wird der Leib Christi auf dem Weg zu drei liebevoll geschmückten Altären verehrt.


Der Festzug lockt viele Menschen zu ihren Fenstern, Straßenbahnen und Autos werden von zwei Polizisten in Schach gehalten, damit die riesige Menschenschlange sich ihren Weg bahnen kann. Ganz voran die Ministranten und Kinder, die mit deutlich hörbarer und sichtbarer Freude den Straßenboden mit bunten Blütenblättern bestreuen. Diese sollen den nachfolgenden Priestern mit der Monstranz einen weichen Blütenteppich bilden, auf dem dann auch die ganze nachfolgende Gemeinde wandeln kann.


Am ersten Altar wartet ein kunstvolles Blütenbild auf uns – auf dem Boden liegt ein Meer an Blüten, welches ein Bild von einem Kreuz darstellt. Hier denken wir noch mal gemeinsam über den „Mann im Mond“ nach, Jesus, der unser Licht ist. Pawel Marniak hält nun eine Sonne aus Pappe hoch: manche Menschen verstecken sich vor dem Licht, sie ziehen die Rollläden runter, sie machen die Vorhänge zu. Doch was passiert währenddessen mit der Sonne? Ist sie verschwunden? Nein, sie leuchtet immer noch, auch wenn wir sie manchmal nicht sehen können oder sogar selbst verdecken.


Jesus will, dass wir versuchen, in unserem Leben die Sonne scheinen zu lassen, wir sollen die Vorhänge entfernen und die Kraft des Lichtes erleben. Dies ist uns heute sogar gegönnt, denn keine Wolken, kein Tröpfchen Regen trübt uns den Blick auf das viele Licht, das uns auf unserer Prozession begleitet. Durch den strahlenden Sonnenschein bleibt sogar der Blütenteppich unzerstört, zumindest solange, bis die Kinder sich auf die frischen Blüten stürzen, um ihre Körbe für den weiteren Weg wieder randvoll aufzufüllen.


An der zweiten Station in der Felbigergasse erwartet uns wieder ein festlich geschmückter Altar. Kaplan Marniak holt erneut den Mond hervor – der Mond ist wesentlich dünkler als die Sonne. Doch was passiert mit dem Mond, wenn die Nacht hereinbricht? Warum leuchtet der Mond, wenn es dunkel ist? Warum leuchten manche Erstkommunionskinder nach der Erstkommunion? Weil sie vom Licht angestrahlt werden, weil Jesus sie anstrahlt!


Unsere Berufung ist es also, uns von Jesus anstrahlen zu lassen und dadurch so wie der Mond auch anderen ein bisschen den Weg zu leuchten. Nicht immer gelingt uns das, manchmal erleben auch wir eine Mondfinsternis, wenn Probleme sich zwischen uns und das Licht schieben, so wie die Erde sich vor den Mond schiebt. Doch wir haben immer wieder die Chance, Licht zu tanken, zur Firmung, bei Hochzeiten, zu Ostern, an Weihnachten, ja sogar bei Trauerfeiern. Gerade die Osternacht wird alle Jahre wieder bei Vollmond gefeiert, wir sind berufen, ganz im Licht von Jesus Christus zu sein.


Die dritte und letzte Station steht im Garten des Pfarrheims. Kaplan Marniak verbindet einem Kind die Augen. Wie fühlt es sich an, im Dunkeln zu sein? Man fühlt sich unsicher, orientierungslos, es ist auf jeden Fall ein ungutes Gefühl. An dieser dritten Station steht die Monstranz direkt vor einem großen, gebastelten Herz. Auch wir haben Jesus in unserem Herzen. Manchmal ist unser Herz jedoch blind. Wir übersehen Menschen, die unsere Hilfe brauchen, wir schauen weg, wenn es unseren Freunden schlecht geht.


Doch als kleine Glühwürmchen Gottes haben wir die Aufgabe, unser Licht strahlen zu lassen, unseren Mitmenschen damit zu helfen und unsere und deren Blindheit damit zu heilen. Wer schon mal eine SMS verschickt hat, weiß, dass man sogar in so einer kleinen, unscheinbaren Nachricht seinen Mitmenschen etwas Licht und Fröhlichkeit schicken kann. Mit einem einfachen Smiley! :-) Kaplan Marniak lässt eines der Kinder mit einem Filzstift ein strahlend lächelndes Gesicht auf die Pappsonne zeichnen. Die Sonne ist unser großer Smiley – Augen zum Sehen, eine Nase zum Atmen und ein ganz breites Lächeln für das Licht, das wir einander schenken!


Und dieses breite Lächeln soll gleich zusammen trainiert werden! Bei einer großen Agape im Sonnenschein gelingt den Baumgartnern das gegenseitige Anstrahlen besonders gut, am allermeisten den Kindern, denen man in der Hüpfburg ganz besonders viele Smileys ansehen kann. :-) :-) :-)