Sammlungen beim Gottesdienst


Pfarrvikar Unterberger erklärt Sinn und Zweck diverser Geldsammlungen im Gottesdienst.

von Wolfgang Unterberger



 

Dass die Kirche Geld braucht, ist bekannt, und dass man deshalb (möglichst dezent, aber doch) sammeln muss, scheint auch klar. Doch wann soll man im Gottesdienst sammeln?  Und: Soll man, wenn es mehrere Widmungen gibt, mehrmals und getrennt sammeln und die Spender entscheiden lassen, was wie unterstützt wird, oder um die Spender nicht zu nerven, nur eine Gesamtsammlung machen und die Aufteilung den Pfarrverantwortlichen überlassen? 

 

1. Zur Sammlung („Kollekte“) bei der Gabenbereitung:

Der erste Eindruck täuscht:

Nach den Fürbitten ist der erste Hauptteil der Messe abgeschlossen, für den zweiten Teil richten die Ministranten den Altar her, für die Zuseher ist hier ein gewisser Leerlauf. Da erscheint es sehr praktisch in dieser „Pause“ das Geldkörbchen durchwandern zu lassen.

Ganz anders klingen die Anweisungen im Messbuch (Seite 343):

„Es empfiehlt sich, dass die Gläubigen ihre Teilnahme durch eine Gabe bekunden. Sie können durch Vertreter (Anm.: Ministranten oder Absammler) Brot und Wein für die Eucharistie (Anm.: für die Wandlung in Leib und Blut Christi) oder selber andere Gaben herbeibringen, die für die Bedürfnisse der Kirche und der Armen bestimmt sind.“

 

Dreierlei fällt hier auf:

Erstens: Die Hostien, die gewandelt werden sollen, und das Geld für die Bedürfnisse der Kirche (Pfarre) und die Nöte der Armen werden hier in einem Atemzug genannt, und als „Gaben des Volkes“ bezeichnet. Dadurch wird deutlich: die Sorge um die Armen, sowie die gelebte Nächstenliebe im Alltag und das Geschehen im Gottesdienst (Wandlung von Brot und Wein) bilden eine untrennbare Einheit.

Zweitens: Das Bringen von Brot (Hostien), Wein, Geld und sonstige Gaben ist nicht nur eine praktische Notwendigkeit, sondern eine liturgische Handlung.

Drittens: Es ist ein liturgisches Handeln des Volkes, bzw. deren Vertreter.

Die Gottesdienstbesucher sind hier alles andere als Zuschauer, sondern aufgerufen selber aktiv zu werden.

 

Für den Gottesdienst am Gründonnerstag, der als Feier des Letzten Abendmahles als Vorbild für alle Eucharistiefeiern gilt, heißt es im Messbuch sogar:

„Zu Beginn der Eucharistiefeier (Anm.: = Gabenbereitung) können die Gläubigen einen Opfergang mit Gaben für die Armen halten“ (MB 1; Seite 24, Punkt 9): Dies ist in anderen Ländern sogar generell bei Sonntagsmessen üblich: Es wird vor dem Altar ein Platz bereitet, an dem Gaben für Bedürftige deponieren werden können, und alle Gottesdienstbesucher sind bei der Gabenbereitung aufgerufen nach vor zu kommen und eine Spende (Geld oder Naturalien) niederzulegen.

 

In diesem Sinne heißt es auch in der „Rahmenordnung der Liturgie für die Erzdiözese Wien“ (2022): 

Art. 150:  Die Kollekte (Sammlung der Gaben) ist zunächst Teil der Gabenbereitung der Eucharistiefeier. Unsere Hingabe an Gott drückt sich auch in der Zuwendung zum Nächsten aus, daher wird für die Anliegen der Gemeinde und für die Bedürfnisse der Armen gesammelt. Dabei hat die Geldgabe das Bringen von Naturalgaben (wie es in der frühen Kirche üblich war) weitgehend abgelöst. Aufgrund des engen Zusammenhangs der Kollekte mit der Eucharistiefeier ist das „Absammeln“ in anderen Gottesdienstformen nicht vorgesehen.

 

Anm.: Die Karfreitagsliturgie ist keine Eucharistiefeier und hat daher keine Gabenbereitung. Trotzdem war früher eine Sammlung für die „heiligen Stätten in Jerusalem“ üblich. Diese hat man nun konsequenterweise auf den Palmsonntag vorverlegt.

 

Fazit: Rein liturgisch betrachtet, sollten Sammlungen bei der Gabenbereitung (ca. Halbzeit der Hl. Messe) und nicht nach der Hl. Messe beim Kirchentor stattfinden. Daher heißt es auch in der oben zitierten Rahmenordnung: 

Art. 151: Diözesan verpflichtende Kollekten sind ebenfalls Teil der Gabenbereitung und keine Sammlungen am Ende des Gottesdienstes, … . Diese Einnahmen sind zur Gänze für den vorgesehen Zweck abzuführen.

 

2. Wofür wird im Gottesdienst gesammelt?

Die Zwecke der Sammlungen sind vielfältig. Man kann folgende Kategorien unterscheiden:

  1. Hilfe für Bedürftige und Notleidende
  2. Erhaltung und Renovierung von Kirchengebäuden und sakraler Kunst
  3. Betriebskosten (z.B. Energiekosten) und Standorterhaltung

Man kann bei allen drei Kategorien unterscheiden:

  1. in der eigenen Pfarre
  2. im Inland
  3. weltweit

Man kann weiters unterscheiden:

 

  1. wichtige jährliche Sammlungen, die (von der Diözese) verpflichtend sind
  2. jährliche Sammlungen, die von der Diözese nur empfohlen sind
  3. jährliche Sammlungen, die uns als Pfarre wichtig sind, bzw. wo wir im Sinne des Pfarrprofils Schwerpunkte setzten wollen
  4. aktuelle (einmalige) Sammlungen (z.B. aktuelles Projekt der Kirchenrenovierung, Hilfe für Opfer von aktuellen Naturkatastrophen)

3. Für die Bedürfnisse der eigenen Pfarre oder für die Armen und Notleidenden?

Dies ist in der Praxis ist eine sehr viel diskutierte Frage. Es liegt in der Natur des Menschen, dass uns „das Hemd näher ist als der Mantel“. Deshalb spenden die meisten Menschen lieber für die eigene Gemeinschaft.

Im konkreten Fall der Kirche ist dies sogar sinnvoll, denn es gibt in den letzten Jahrzehnten eine Entwicklung, dass die Pfarren finanziell selbständiger werden sollen und müssen, und dieser Trend wird sich sicher noch weiter fortsetzen. Hintergrund ist, dass die Zuwendungen „von oben“ von Jahr zu Jahr weniger werden. Positiv betrachtet könnte man formulieren: Aus den versorgten Gemeinden werden sorgende Gemeinden! Die Spenden der Kirchengeher für die eigene Pfarre gewinnen daher an Bedeutung.

 

Man sollte aber nicht vergessen, dass die Sorge für Bedürftige der ursprüngliche Sinn der Sammlung war und bleibt. Die Sorge für die Notleidenden ist nicht nur eine „Pflichtübung“, sondern gehört zur „DNA der Christen“. Es ist daher Teil des zentralen Selbstverständnisses jeder Pfarre, dass sie auch Verantwortung für die Gesellschaft und die Welt trägt.

Um nahe bei den Nöten der Menschen zu sein, ist es erforderlich, auch möglichst flächendeckend präsent zu sein. Die Sorge für andere und das Achten auf die eigenen Bedürfnisse stehen daher nicht in Konkurrenz zueinander, sondern bedingen sich gegenseitig.

 

4. Wie kann dieses Sammeln für beides konkret ablaufen?

Die Vielzahl der Sammlungen führt häufig dazu, dass zwei Sammlungen an einem Sonntag zusammenkommen. Praktisch gibt es nun mehrere Möglichkeiten:

 

Die gängige Methode ist, eine Sammlung zur Gabenbereitung zu machen und die andere Sammlung am Ende der Messe. Dies hat den Vorteil, dass die Kirchengeher selber entscheiden können, wofür sie wieviel spenden.

Wenn es um Projekte geht, für die eine bestimmte Pfarrgruppe als Pate steht, kann diese Gruppe das Projekt auch selber bewerben.

 

Eine andere Methode ist, nur eine Sammlung bei der Gabenbereitung zu machen und das Sammelergebnis anschließend zu teilen. Dies hat den Vorteil, dass es liturgisch stimmiger ist, nur einmal zu sammeln, aber den Nachteil, dass die Widmungen der Sammlungen weniger transparent sind.

 

Eine dritte Möglichkeit ist es, an bestimmten Sonntagen nur für ein einziges Anliegen zu sammeln und die Gottesdienstbesucher zu bitten, für die anderen (ebenfalls wichtigen) Zwecke am nächsten Sonntag dementsprechend mehr zu spenden. (Dafür bleibt ihnen die zweite Sammlung im Gottesdienst erspart).

Alle diese Möglichkeiten sind legitim und hier muss jede Pfarre ihren Weg für sich finden.

 

5. Die Regelung der Pfarre „Heilige Mutter Teresa“

Es gibt neun diözesane Pflichtsammlungen für die Weltkirche bzw. Notleidende in aller Welt pro Jahr, also ca. einmal pro Monat (die Sommerpause nicht mitgerechnet). An diesen neun Sonntagen findet die Sammlung wie in der „Liturgischen Rahmenordnung“ vorgesehen, zur Gabenbereitung statt.

 

An allen anderen Sonntagen ist die Sammlung bei der Gabenbereitung (auch „Kollekte“ genannt) für die Aufrechterhaltung des Pfarrbetriebs.

 

Alle weiteren caritativen Sammlungen (ebenfalls ca. einmal pro Monat), spontane Sammlungen der Pfarrjugend oder des Kirchenchors, sowie die monatliche Sammlung für die Renovierung der Kirche „St. Anna“ geschehen als zweite Sammlung beim Kirchentor.

 

Vom bekannten Buchautor „Tiki Küstenmacher“ stammt der Ausspruch: „Geld ist ein anderes Wort für Realität“. Gerade in den Sammlungen für dieses und jenes wird Kirche lebendig und es zeigt sich, dass unsere Gottesdienste uns einerseits den Blick zum Himmel eröffnen und anderseits wir mit den Freuden und Sorgen dieser Welt verbunden bleiben müssen.