Wenn die Stimmung entgleist

„Letztes Mal ist die Stimmung so entgleist, deswegen gehma’s heut ein bissl ruhiger an!“, beginnt Band-Leader Karl Prieler das Konzert der Gruppe „Kreuz & Quer“ mit einer nicht ganz ernst gemeinten Anspielung auf den letzten Besuch in Baumgarten vor einem Jahr. Auch diesmal haben sich am ersten Märzsonntag zahlreiche Fans im Pfarrsaal eingefunden, um den Klängen dieses ganz besonderen Sextetts zu lauschen.

Am Programm steht auch an diesem Abend eine abwechslungsreiche Performance der ganz speziellen Art. „Der Herr trägt uns durch“, ermutigt Karl Prieler das Publikum, das wohl von den kircheninternen Absonderlichkeiten der letzten Zeit noch immer schockiert ist. „Was solche Bischöfe sagen, ist nicht das Wichtige. Die christliche Botschaft ist eine ganz andere.“


Als der für die Percussion zuständige Andreas Wildberger so richtig mit seinem Beat loslegt, wissen die Anwesenden schon, was kommt: Fetziger Pop vom Feinsten, altbekannte Melodien wie „I Will Survive“ oder der „Shoop Shoop Song“ werden kurzerhand auf Wiener Mundart umgedichtet und mit erfrischend christlichen Texten versehen. „Du bist bei uns im Lachen und im Wana, umarmst uns und gibst uns an sichern Halt“, hört man die Stimme ins Mikrofon singen, während sich die Stimmung im Saal mehr und mehr auflockert.


Zwischen den Songs amüsiert der Musiklehrer und Liedertexter Karl Prieler die Zuhörer mit seinen kurzweiligen und witzigen Überleitungen. Nicht selten nehmen sich die sechs Künstler dabei auch selbst – ganz spontan – aufs Korn. Dass die Freude an der Musik und daran, ihre Botschaften an die Leute zu bringen, echt ist, ist unübersehbar. Die Auftritte als „Kreuz & Quer“ machen sie sowieso außerhalb ihrer normalen Berufe und „Just for fun“. Schon beginnt Gerhard Zeilinger seinen Bass für das nächste Stück zu tunen: „Wann du wissen wüst, wie guats di dann fühlst, probiers doch aus. Wirst scho sehn, Jesus macht di frei.“ Mit dabei ist diesmal und erstmals auch Peter, ein spezieller Stargast aus Budapest.


Neben den vielen Späßen spricht die Band auch Themen zum Nachdenken an. „Manchmal denk ich mir, mein Akku hat nur mehr zwei Stricherl, und irgendwie hat man dann das Bedürfnis, das Leben voll auszunützen“, philosophiert Karl Prieler. Wenig später erzählt er sehr berührend von der verstorbenen Schwester Hildegard Teuschl, die sich im Hospizbereich engagiert hatte: „Dass da die Kirche beim Begräbnis g’steckt voll war, das is net entscheidend. Entscheidend ist doch, wie vielen Menschen man ein Segen war. Nütz ma die Zeit, die ma hab’n, damit’s am Ende ein segensreicher Abschluss ist.“


„Wann du net do warst, des Herz brechat mir ausanand“, singen Kreuz & Quer bei einem ihrer langsamen Liebeslieder. Wenn der Gänsehautfaktor beim Publikum auf Maximum gedreht werden soll, kommen die beiden markantesten Mitglieder der Truppe zum Einsatz. Karl Prielers Tochter Judith beeindruckt nicht nur durch ihr durchgängig zufriedenes Lächeln, sondern vor allem durch ihr wunderschönes Geigenspiel. Keine Stecknadel traut sich zu Boden fallen, wenn die junge Dame eines ihrer herzberührenden Soli spielt. Herrlich zu beobachten und anzuhören ist auch Gunther Maier, der stets mit konzentriertem Blick auf seinen kleinen Liebling achtet – fast wie ein Baby hält er seine süße Mandoline in Händen und entlockt ihr einmalige Tonfolgen.


Wie im Nu verrinnt die Zeit bei diesem Jungschar-Benefizkonzert. Schwungvolle Rhythmen, heitere Texte in Wiener Mundart, aber auch nachdenkliche Passagen und romantische Melodien sind das Markenzeichen von Kreuz & Quer. Und längst hat sich die Gruppe auch bluesige, jazzige und lateinamerikanische Einflüsse zu Eigen gemacht. Wie bei jedem Besuch in Baumgarten gibt es auch diesmal Standing Ovations. Als Keyboarder und OBI-Flötenmeister Walter Till seine Finger noch ein letztes Mal über die Tasten flitzen lässt, steigt die Stimmung auf ihr Maximum. „Na, da kannst da nix mitnehmen!“, singt Karl Prieler eines seiner spritzigsten Lieder, während er mit zwei Rasseln in den Händen durch die Sitzreihen geht. Längst sitzt niemand mehr auf seinem Sessel – die anwesenden Kinder, Frauen und Männer folgen dem inneren Drang mitzushaken und so meint man, mitten in einer großen Reggae-Party zu sein.


„Wenn Kirche so sein könnte und nicht immer so verstaubt“, seufzt eine Gruppenleiterin der Jungschar am Ende des Konzerts. Die Pfarrverantwortliche Sara Dallinger übergibt Blumen zum Dank und damit geht ein besonderer musikalischer Abend der Pfarre zu Ende. Erfrischend ehrlich, überraschend spritzig, detailverliebt, improvisationstalentiert und ganz sicher ohne Kerzlschlucker-Staubschicht – so muss wohl das Resümee dieses „Kreuz & Quer“-Auftritts lauten. Und Karl Prieler bringt seine Fans selbst mit seinen Abschlussworten noch zum Lachen: „Jetzt passiert’s uns schon wieder, dass die Stimmung entgleist …“