Apostelgeschichte 2010

Von 22. bis 24. Oktober 2009 fand die erste von drei großen Wiener Diözesanversammlungen im Rahmen des Missionsprozesses Apostelgeschichte 2010 statt, an der weit über 1.000 Delegierte – davon 90% Ehrenamtliche - aus den Pfarren, Orden, Bewegungen und Einrichtungen der Erzdiözese teilnahmen. Wir haben einige interessante Statements für Sie zusammengefasst.

„APG 2010 ist primär ein geistlicher Prozess", sagte der Pastoralamtsleiter und frühere Pfarrer Baumgartens, Michael Scharf, „Es geht darum, uns über unsere Freundschaft mit Jesus Christus zu vergewissern, darüber nachzudenken, ob wir als Christen auskunftsfähig über diese Freundschaft sind und ob für uns das gilt, was in der Apostelgeschichte steht: 'Unmöglich können wir über das schweigen, was wir gesehen und gehört haben.'"


Gemeinsames Ziel sei es, die Erfahrungen von Gemeinschaft in der Kirche und die eigenen Erfahrungen von Gottesliebe und Nächstenliebe in die Gesellschaft einzubringen, hieß es. Man wolle den Menschen den „Schatz des Glaubens" vermitteln, die Kirche solle ein „Leuchtturm der Orientierung" inmitten der Gesellschaft sein.


Unter dem Titel „Was hindert mich heute zu verkünden - was macht mich schweigsam" diskutierten die Delegierten in insgesamt 48 Einzelgruppen unter anderem Fragen von „Liturgie und Gottesbild", die „Zukunft der Pfarrgemeinden", die Bedeutung der Nächstenliebe für den Glauben, das Thema „Berufung", aber auch „Kirche als Gewissen der Gesellschaft". Zur Sprache kamen im Plenum auch „heiße Eisen" wie Zugangsbedingungen zum Priestertum, die Frage der „viri probati" (der Priesterweihe für bewährte verheiratete Männer) oder neue Leitungsmodelle für Pfarrgemeinden. Mit Applaus wurde etwa die Wortmeldung eines Delegierten bedacht, der dazu aufforderte, angesichts des zunehmenden Priestermangels zur Unterstützung der Pfarrer Männer und Frauen für die Gemeindeleitung auszubilden. Es dürfe in der Kirche keine Angst vor strukturellen Veränderungen geben, ein „Verwalten der Not" allein reiche nicht aus. Und schließlich die Bitte an die Bischöfe „auf die eigene Herde zu hören": Es brauche die Weihe von Frauen und Männer zum Dienst in der Kirche sowie die „Mitsprache der Gemeinden vor Ort" bei der Berufung und Beauftragung der Gemeindeleitung.


Diese Rufe aus dem Kirchenvolk werden nicht ungehört bleiben, meinte Otto Neubauer, der Leiter der „Akademie für Evangelisation" der Gemeinschaft „Emmanuel" und Mitglied des Organisationsteams der Diözesanversammlung: „Mein Eindruck ist, dass tatsächlich sehr ernsthaft diskutiert wurde und die Fragen und Themen in der Fülle auch zur Sprache gebracht wurden. Aber so ernsthaft wie diese gebracht wurden, so ernsthaft ruft es auch nach Ergebnissen. So groß die Dankbarkeit war, wie ehrlich und wertschätzend die Fragen der Arbeitsgruppen präsentiert wurden, umso größer wird die Herausforderung, ernsthaft und wertschätzend mit den Fragestellungen umzugehen", so Neubauer.


Zu diesen „heißen Eisen", die bei der Diözesanversammlung im Rahmen von Apostelgeschichte 2010 deutlich unter viel Applaus angesprochen wurden, erklärte Kardinal Christoph Schönborn, dass er nicht die geforderten Reformen versprechen könne, aber „ich werden noch mehr als bisher das Gespräch und den Austausch mit den Bischöfen suchen." An die Pfarrdelegierten gewandt, sagte Kardinal Schönborn, dass er "lästig sein wird".


Weitere Blitzlichter aus den Arbeitsgruppen widmeten sich etwa dem Umgang der Kirche mit „wiederverheirateten Geschiedenen". "Es wird immer wichtiger, wie wir mit Menschen umgehen, die Brüche in ihren Biografien haben", sagte eine der Delegierten im Stephansdom. Es brauche in diesen Bereichen mehr Mut der Bischöfe, die Meinungen an der „Kirchenbasis" in Rom zu vertreten, appellierte eine Delegierte. Grundsätzlich stehe die Debatte um Fragen der Kirchenstruktur oft vor der Gottesfrage, wurde kritisiert. Damit einher gehe eine weit verbreitete Scheu unter Katholiken, über ihren Glauben öffentlich zu sprechen. Viele seien „müde geworden", die Kirche in der Öffentlichkeit immer wieder positiv verteidigen zu müssen. „Auf der einen Seite sind es persönliche Gründe, die uns schweigen lassen, die eigene Angst, die Kirche verteidigen zu müssen in Punkten, hinter denen man selber nicht steht", fasste Nina Sevelda-Platzl von der Katholischen Jugend die Diskussion der Arbeitsgruppen zum Thema „Vielmehr nenne ich euch Freunde" zusammen.


Jugendseelsorger Markus Beranek mahnte ein, dass man auch die Sprache der Jugend lernen könne und müsse. Eine Delegierte sagte, dass „wir nicht perfekt sind. Das zuzugeben macht uns glaubwürdiger".


Pastoraltheologin Regina Polak ortete ein zunehmend antikirchliches Klima in der Gesellschaft, das die Kirche als Minderheit vor große Herausforderungen stelle. Umso notwendiger sei ein innerkirchliches „angstfreies und Fehler ermöglichendes Klima". Sie rief die Delegierten dazu auf, Gott in den Mitmenschen, etwa in Migranten oder spirituell Suchenden, zu sehen.


Kardinal Christoph Schönborn betonte die große Ermutigung, die vom gemeinsamen Tun, Beten und Feiern in diesen drei Tagen ausginge. "Jede und jeder von uns ist zum Zeugnis befähigt, das ist keine Expertensache, sondern eine Lebenssache. Ich glaube, wir können uns an den heiligen Franz von Assisi halten: 'Gebt Zeugnis vom Reich Gottes, wenn nötig mit Worten'", so Kardinal Schönborn. Ein wichtiger Punkt war für ihn auch die Caritas: "Caritas ist nicht delegierbar.“


Beim Resümee über den zweiten Tag der Diözesanversammlung erinnerte Helmut Schüller, Pfarrer von Probstdorf, daran, dass die meisten der Delegierten sehr kirchenverbundene Menschen seien, die sehr in das Leben ihrer Pfarre eingebunden seien. "Erdige Typen" nannte sie Schüller: „Erdig waren auch zum Teil die Fragen, vor allem von denen, die das 'Tagesgeschäft' in den Pfarrgemeinden machen. Was diese zurückmelden, hat schon ein besonderes Gewicht." Die Frage sei deshalb nicht, wie man die Begeisterung der Delegierten weitertragen könne, begeistert vom Glauben seien sie ohnehin. Nun sei entscheidend, so Schüller, wie es jetzt mit den Fragen und Anliegen, die sie selber nicht lösen können, weitergehen wird. "Viele Gemeinden haben schon begonnen, ihre Dilemmata selbst zu lösen. Aber es bleiben Fragen über, wo sie selbst nicht viel verändern können, aber von denen, die die Verantwortung für die Rahmenordnungen haben, Antworten erwarten", betonte Helmut Schüller. „Es ist eine erstaunliche Power zusammengekommen", so der Eindruck von Schüller, der auch Mitglied des Organisationsteams der Diözesanversammlung ist. "Ich bin sehr angetan von der großen Kraft des Basisvolkes."


„Ich wünsche mir einen Wendepunkt der Hoffnung", betonte Kardinal Schönborn. "In der Soziologie gibt es den Begriff. Wann immer Gemeinschaften sich in einer Krise befinden, dann folgt erst eine Spirale nach unten und dann gibt es einen Punkt, eben einen Wendepunkt der Hoffnung, an dem die äußeren Verhältnisse gleich geblieben sind, aber die innere Mentalität sich ändert", so der Kardinal.


Kardinal Schönborn richtete sich an die Laien und ermutigte sie, in Pfarre und Gesellschaft „Verantwortung zu übernehmen“. Und Bischofsvikar Karl Rühringer ermunterte schließlich die Pfarrer in den einzelnen Pfarrgemeinden zum Mut zur „Pastoral des Zulassens", die „viel Vertrauen und Respekt erfordert".


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