Öffnungszeiten: Donnerstags 10-11.30 Uhr

Jeden Donnerstag kann man bei „Le+O“ in Wien Penzing einkaufen. Im Angebot sind Waschpulver, Obst und Gemüse, Tiefkühlpizza und ein offenes Ohr. Einen Euro zahlen die Menschen, die bei „Le+O“ einkaufen, weil sie sich die Angebote im normalen Supermarkt nicht leisten können. Sophie Wöginger wurde vom Caritas-Team der Pfarre Baumgarten zu einem Einkaufsbummel eingeladen.

Einige Menschen warten schon vor dem schmucklosen Zweckbau in der Karlingergasse, gleich nach der Ameisbrücke. Es ist Donnerstagvormittag und im Penzinger Pfarrheim bereiten sich rund 20 Männer und Frauen auf die heutige „Lebensmittelausgabe und Orientierung“ vor - so der offizielle Langtitel einer Sozialinitiative der Wiener Caritas.


Das Team startet um 9 Uhr, wenn die Waren angeliefert werden. Es wird angepackt und ausgeräumt, hin- und hergeschleppt. Alles in einem schnellen Tempo. Erkennbar sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an ihren knallroten T-Shirts. „Gemeinsam Wunder wirken“ lautet der Slogan. Fast biblisch, in jedem Fall solidarisch. Heute gibt es neben der Warenausgabe auch einen Flohmarkt. Kleidung und Haushaltswaren sind die Draufgabe zum Einkauf.


Im großen Pfarrsaal ist ein einfaches und seit einem Jahr gut eingespieltes System aufgebaut. Nach einer Teambesprechung, einigen Hinweisen zu den heute gelieferten Waren („Es gibt Kekse mit Rumaroma, also bitte aufpassen bei der Ausgabe an Alkoholiker und Muslime“) und einem gemeinsamen Gebet wird pünktlich um 10 Uhr aufgesperrt.


Georg Panny hat den Überblick bei der Nummernvergabe, denn es sollen nicht alle Klienten auf einmal in den improvisierten „Supermark“ strömen. Menschen, die das erste Mal kommen, registrieren sich mittels Stammdatenblatt. Uschi Schuster hilft hier gerne. Freundlich bietet sie an, das Formular auszufüllen, die meisten nehmen dankbar an, sei es, weil sie nicht gut Deutsch können oder Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben haben. Genau nachgefragt wird nicht, man will auch niemanden in eine unangenehme Situation bringen.


Mit der Berechtigungskarte darf man hier als Klient einmal pro Woche einkaufen. Wer erhält die Karte? Alle Menschen, die ihre besondere soziale Notlage belegen können. Zum Beispiel eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern mit einem Haushaltsnettoeinkommen von weniger als 2.088 Euro.


Bei der Registrierung geht es sehr ruhig zu. Fast alle warten still auf einigen Sesseln sitzend, bis sie ihren heutigen Einkauf bei der Registrierung bezahlen. Der Preis ist für alle gleich: 1 Euro.


Nun heißt es noch einmal warten bis zur Warenausgabe. Es sind heute mehr Frauen gekommen, die jüngeren haben ihre kleinen Kinder mit, die Fangen spielen. Man tratscht ein wenig. Andere meiden jeden Kontakt und heben kaum ihren Kopf. Wieder andere treten selbstbewusst auf, fast so, als wäre es eine Ehre, dass sie hierher kommen und sich vom „Le+O“-Team helfen lassen.


Traude Gaupmann kontrolliert die Karten und informiert junge Mütter, wenn sie wieder Windelrationen erhalten. Waschpulver ist sehr begehrt und gibt es nur einmal pro Monat. Monika Bock kann sicher nicht zählen, wie oft sie sich in den 90 Minuten bückt, um die mitgebrachten Gefäße zu füllen.


Die Tische mit den Lebensmitteln sind gut gefüllt. Heute gibt es Topfen, Bananen, Brot, Pfirsiche, Milch, Joghurt, Pizza und noch viel mehr. Alles läuft sehr koordiniert ab, die leeren Kisten werden wieder abtransportiert. Niemand steht dem anderen im Weg herum. Hier weiß die rechte Hand, was die linke gerade tut. Martha aus Baumgarten fragt noch rasch: „Möchten Sie eine Pizza?“


Die ehrenamtlichen Helfer dürfen sich selber bei Kaffee, Saft, Wasser und mit Butterbroten stärken. Bei der körperlichen Arbeit ist das nötig. Warum engagieren sich die Männer und Frauen? Fast alle wollen etwas Sinnvolles machen – die Arbeit ist eine gute Investition, davon ist das „Le+O“-Team überzeugt.


Zum Abschluss zieht es einige Männer und Frauen zum Flohmarkt. Kostenlos ein Kleidungsstück zu ergattern, ist verlockend. Ein Mädchen freut sich über eine kleine Puppe, die ihre Mutter aus einem Korb fischt. Andere wühlen ziellos in jeder Kiste. Eine Frau erzählt, dass es ihr jetzt ein bisschen besser geht. Erfolgserlebnis ist das aber keines.


Überhaupt scheint es so, dass das „Le+O“-Team auch gar nicht erwartet, dass ihre Klienten in Kürze wieder ihr Leben im Griff haben. Es ist ein niedrigschwelliges Angebot. Sozialromantiker werden hier eines Besseren belehrt. „Ja, es ist möglich, aus der Armutsspirale auszubrechen“, sagt Ender Ceylan. Er ist mit einer Kollegin von der Caritas angestellt. Die Sozialarbeiter fahren von Pfarre zu Pfarre und beraten die Klienten, die sich an sie wenden. Dennoch geht es immer zuerst um die materielle Hilfe. Der gebürtige Türke ist pragmatisch wie das ganze Team. Wenn um 11.30 Uhr die Ausgabe für heute endet, reichen die Lebensmittel nicht bis zum nächsten Donnerstag. Aber dann sind die Männer und Frauen von „Le+O“ sicher wieder da – und das ist gut so.


Stichwort „Le+O“

Die Caritas-Wien organisiert das Projekt an elf Standorten in Wien. Lebensmittel werden von Handelsketten gespendet, einige Waren – wie Waschmittel – werden zugekauft.

Zwischen 70-100 Menschen kommen wöchentlich zur Ausgabe in Penzing. 200 Klienten sind registriert, davon sind 78% Frauen. 1.200 Ausgaben bewältigt das Team aus mehreren Penzinger Pfarren ehrenamtlich pro Jahr