Die heiligen 48 Könige

Fünf Tage lang wanderten zahlreiche Kinder im Namen der Katholischen Jungschar durch das Pfarrgebiet der Pfarre Baumgarten und klopften unermüdlich an jede Menge Wohnungstüren. Auch bei der heurigen Dreikönigsaktion waren unsere kleinen Könige mit großem Engagement dabei, um für die ärmsten unserer Mitmenschen Geld zu sammeln.


Es ist Sonntag, der 6. 1. 2013, 9:00 Uhr. Zum vierten Mal in Reihe trudeln zu dieser frühen Morgenstunde fleißige Kinder zwischen 6 und 14 Jahren im Pfarrheim ein, um sich als die drei heiligen Könige zu verkleiden. Von Faulheit in den Weihnachtsferien kann keine Rede sein! Seit dem 2. 1. sind insgesamt 48 Kinder bereits vormittags und/oder nachmittags unterwegs um sich fleißig an der größten Spendenaktion Österreichs, der Dreikönigsaktion, zu beteiligen. Beim Betreten des Pfarrheims fällt mir sofort die schöne Plakatwand auf, an der stolz die gesammelten Summen der letzten Tage präsentiert werden. Am Starttag, Mittwoch, waren es 980 Euro, Donnerstag trotz des Unwetters ganze 1.225 Euro, Freitag 860 Euro und Samstag wurde der bisherige Höchstwert von 1721,33 Euro erreicht.


Die Leiter rüsten ihre Kinder mit Prospekten und Pickerln aus, im Umkleideraum werden bunte Umhänge, glitzernde und glänzende Kronen und die Weihnachtssterne vergeben. Manche Kinder kleben sich geschickt ihre Sprüche auf die Hinterseite des Weihnachtssterns, um für den Notfall gewappnet zu sein. Ist auch in jeder Gruppe wirklich jemand dabei, der die Sternsinger-Lieder auswendig kann? Wer kümmert sich um die Kassa? Wie hält die Krone am besten? Im Pfarrsaal werden die Kinder von Leitern und Eltern eifrig geschmückt, sodass sie nicht nur königlich aussehen, sondern auch winterfest verpackt sind und dem sonntäglichen Regen standhalten.


Kurz vor 10:00 Uhr begibt sich ein Großteil der Kinderschar Richtung Kirche, denn dort findet erst einmal eine Dankesmesse für die fleißigen Spendensammler statt. Kaplan Pawel Marniak will wissen, wer aller zu Weihnachten ein Geschenk bekommen hat. Natürlich wurden wir alle reichlich beschenkt, darin besteht kein Zweifel. Ist aber nicht Jesus derjenige, der Geburtstag hat und beschenkt werden sollte? Damit wir ihm ein gebührendes Geschenk machen können, tun sich jährlich zahlreiche Freiwillige bei der größten Sozialaktion Österreichs zusammen. Rund 500 engagierte Projekte (mit dem heurigen Hauptaugenmerk auf Äthiopien) werden zur Dreikönigsaktion gestartet, für die ca. 85.000 Sternsinger in ganz Österreich an diesen Tagen um die Häuser ziehen.


Doch was wünscht sich Jesus noch zum Geburtstag? Kaplan Marniak hat eine kleine Spendenbox vorbereitet, aus der die Kinder Papierrollen ziehen dürfen. Beim öffnen der Röllchen lesen wir: „Gute Taten“, „Herz“, „Hilfe“, „Liebe“, „Gebet“, „Lächeln“ … ich bin mir sicher, dass wir alle den einen oder anderen Wunsch von Jesus’ Wunschliste erfüllen können, vielleicht sogar alle!


Um das zu tun, ziehen nach der Messe alle Könige, verteilt auf mehrere Gruppen, in den 14. Bezirk hinaus und nehmen sich gezielt verschiedene Pfarrgebiete zum „Bearbeiten“ vor. Ich wurde zum Sammeln meiner Eindrücke für diese Reportage Rafael und einer 6-köpfigen Kindergruppe zugeteilt. Die bereits routinierten Kids haben ihre Rollen optimal verteilt. Zwei kümmern sich um die Prospekte und Erlagscheine, die zu verteilen sind, es gibt einen Sternhalter und eine Kassierin und selbstverständlich werden auch zwei Packesel ausgewählt - in diesem Fall gebührt die Ehre Rafael und mir, alle Süßigkeiten zu verwalten, die die Kinder zur Stärkung auf ihre Reise mitbekommen.


Wir arbeiten uns von ganz oben die Stiegenhäuser hinunter. Sternträger Philipp geht der Gruppe voran, mit den Worten: „Ich trage den Stern, den Weihnachtsstern. Die Weisen sehen ihn und fanden den Herrn.“ Dann folgen nacheinander Jasmin, Ruth, Sarah, Vyan und Linh und erklären mit klarer und selbstsicherer Stimme: „Wie damals die Weisen ziehen wir heute die Botschaft zu verkünden an alle Leute. * Christ ist geboren in dunkler Nacht, hat allen Menschen den Frieden gebracht. * Das Geld, das Sie den Sternsingern geben, gibt Menschen Hoffnung auf ein besseres Leben. * Christus segne dieses Haus und alle die hier gehen ein und aus. Er beschütze euch vor aller Gefahr, bis wir kommen im nächsten Jahr.“


Je nach Situation, geht es dann unterschiedlich weiter. Die Kinder erweisen sich auf unserer langen Reise durch ein sehr stiegenreiches Gebäude als besonders anpassungsfähig. Sehen sie kleine Kinder in den Wohnungen, zücken sie sofort ein paar Sternsinger-Sticker. Versteht jemand nicht gut Deutsch, dann singen sie eben nur ein Sternsinger-Lied vor. Bei einem schwerhörigen, älteren Herrn bieten die Kinder sofort an, mit der Kreide einen Segensspruch an die Türe zu schreiben.


Doch nicht immer ist der Besuch der reisenden Könige erwünscht. Viele wirken noch etwas verschlafen oder öffnen erst gar nicht die Tür. Manche Wohnungseigentümer werden von ihren laut bellenden Hunden davon abgehalten, den Kindern Zutritt zu gewähren. Einmal werden die Kinder sogar mit dem Spruch „Nein danke, wir sind nicht katholisch“ davon geschickt. An einer anderen Türe hingegen wird den Kindern unerwarteterweise von einer Dame mit Kopftuch und ihrem Mann freundlich die Türe geöffnet. Und obwohl beide kaum Deutsch sprechen, spenden sie den Kindern Geld und Süßigkeiten. Manchmal werden die Kinder sogar in die Wohnungen gebeten, um sich mit Getränken zu erfrischen und schön geschmückte Weihnachtsbäume und Krippen zu bewundern.


„Tierfütterung!!!“ heißt es nach jeder erfolgreich bewältigten Stiege. Dann strömen von allen Seiten die Kinder heran und tanken ihre Energien bei einer Ladung Gummizeug, Schokolade und Mentos wieder auf. Glücklicherweise hat die Jungschar noch dazu zur Mittagszeit ein gemeinsames Essen im Pfarrheim eingeplant, bei dem sich alle Gruppen wieder zusammenfinden, um sich bei heißen Toasts und Getränken für den nächsten Durchgang am Nachmittag zu stärken.


Gewärmt und gestärkt geht es in die zweite Runde. Der Regen hält, die Frisur hält nicht, die Kostüme halten so halbwegs, doch die Motivation hält bombenfest! Noch einmal sein Bestes geben, heißt es nun für die Kinder. Alle bringen noch einmal voller Elan ihre Sprüche und Lieder zum Besten und versuchen, die Kassa zum Bersten zu bringen. Auch die Rucksäcke der Leiter platzen schon fast aus allen Nähten, wobei keineswegs alle Süßigkeiten bei der „Tierfütterung“ an die Kinder verabreicht und vertilgt werden. Es steht den Kindern auch heuer wieder frei, so viele Süßigkeiten, wie sie möchten, an die „Gruft“ (Wiens Notschlafstelle für Obdachlose) zu spenden.


Bis 17:00 Uhr reichen die Energiereserven aus, um die Treppen hinauf und hinunter zu jagen, lustige Türklingel-Geräusche zu entdecken und sich gegenseitig hochzuheben, um den Segensspruch mit Kreide an die Tür zu schreiben. Doch irgendwann ist jeder König am Ende seiner Kräfte angelangt, daher beschließen die Könige um 17:09 Uhr, mit ihrer Beute wieder ins Pfarrheim zurückzuziehen. Dort laufen die Vorbereitungen für das Abendessen und die „DKA-Danke-Party“ auf Hochtouren.


Während sich die Kinder mit Suppe, Spaghetti und einem von unserem Kaplan gezauberten, köstlichen Nachtisch die Bäuche vollschlagen, sind die Jungscharleiter intensiv damit beschäftigt, alle Beträge zusammenzurechnen. Nach dem Essen wird das Ergebnis der heurigen Dreikönigsaktion stolz verkündet: ganze 7.500 Euro konnten mit vereinten Kräften gesammelt werden!! Als i-Tüpfelchen gibt es noch 2 mit Süßigkeiten prall gefüllte Ikea-Säcke, die darauf warten, zur „Gruft“ gebracht zu werden. Man kann es gar nicht genug betonen: D A N K E an alle Sternsinger, die es wieder einmal geschafft haben, mit ihrem Einsatz und so viel Enthusiasmus das perfekte Geburtstagsgeschenk für Jesus zu ermöglichen! :)