Aschermittwoch: Warum fasten wir?

Ein ziemlich heftiger Stimmungswechsel findet jedes Mal aufs Neue am Aschermittwoch statt. Vom Fasching in die Fastenzeit – gefeiert und Krapfen gemampft wurde hoffentlich ausreichend, jetzt kommt die Pfarre Baumgarten ein bisschen zur Ruhe und macht den ersten Schritt in die spannendste Zeit des Jahres …

Am 5. März um 18:30 kommen zahlreiche Jugendliche und Erwachsene der Pfarre Baumgarten zur Aschenkreuz-Messe zusammen. Wenn die Kirchenbänke nicht so randvoll wären, könnte man meinen, es fühle sich alles irgendwie leer an. Die Priester tragen ein violettes, schönes, aber bescheidenes Gewand, nur eine Hand voll Musiker begleitet zart die Messe und der Kirchenraum wirkt ziemlich schmucklos und mager, passend zum Beginn der Fastenzeit.


Es gibt eine Frage, die mir schon den ganzen Tag durch den Kopf schwirrt: Warum fasten wir eigentlich? Es gibt wohl kaum einen fastenden Katholiken, der noch nie darauf angesprochen wurde. Jedes Jahr aufs Neue wundern sich Arbeitskollegen und Freunde: Wieso tust du dir das an? Was bringt das? Wem hilft dein Fasten? Fastest du nicht eigentlich nur, um eine Diät zu machen? Es geht doch niemandem besser, wenn du auf Schokolade verzichtest!?


Warum fasten wir also? Es gibt viele Möglichkeiten des Fastens – man könnte öfter in die Kirche gehen, der Mutti wieder einmal beim Abwasch helfen, mit jemand Bestimmtem mehr Zeit verbringen, auf Tätigkeiten verzichten, die uns blenden und ablenken, … der Kreativität sind beim Fasten keine Grenzen gesetzt! Beim Kinderaschenkreuz um 16:00 hat Pfarrer Clemens Abrahamowicz anschauliche Beispiele mitgebracht, die im Alltag oftmals blenden und davon ablenken, füreinander da zu sein. „Gott ist ein Kavalier, der sich zurückzieht, wenn er merkt, dass ein Herz durch andere Dinge besetzt ist.“ Auf die aufmerksame Frage eines Kindes, ob Gott denn nicht um unser Herz kämpft, antwortet Clemens Abrahamowicz beruhigend: „Ja, schon. Aber er würde nie Gewalt anwenden, wenn er merkt, dass jemand ihn nicht ins Herz lassen möchte.“


Kaplan Pawel Marniak möchte heuer auf einen ganz bestimmten Fasten-Vorsatz eingehen: den Verzicht auf Essen. „Niemand verlangt, dass wir verhungern!“, versichert Kaplan Marniak. Es geht nicht darum, dass wir hungern und leiden und die anderen Menschen uns ihr Mitleid schenken müssen. Es geht darum, den Überfluss abzulegen, wir haben genug! Jesus hat sich damals aus Liebe zu uns auf seinen Tod vorbereitet, darum begleiten wir ihn und versuchen in dieser wichtigen Zeit, alles Überflüssige so gut es geht abzulegen, um einen schärferen Blick für das Wesentliche zu bekommen.


Wer von uns betrachtet Brot als eine Hauptmahlzeit? Ich muss zugeben, dass mich die Worte des jungen Kaplans wirklich zum Nachdenken gebracht haben. Wann habe ich mich das letzte Mal mit einem Butterbrot als Hauptmahlzeit zufrieden gegeben? Oft sehen wir Brot nur als Beilage … kein Wunder, es gibt genügend reizvollere Speisen, die sich uns tagtäglich anbieten - wir leben im Überfluss! Wir haben sogar im Gegensatz zu vielen anderen Ländern das Glück, Speisen aus aller Welt und mehrere Gänge genießen zu dürfen.


Kaplan Marniak hat eine Leinwand-Präsentation für uns vorbereitet. Er berichtet uns von einem Journalisten, der über 30 Länder besucht hat, um das Essverhalten der dort lebenden Menschen zu dokumentieren. Es galt herauszufinden, wie viel Dollar eine Familie in einer Woche für ihre Ernährung ausgibt. Das Ergebnis verblüfft nun doch die meisten von uns! Im Vergleich zu Deutschland, den USA und Japan, wo wöchentlich zwischen 250 und 350 Dollar für Essen ausgegeben werden, gibt es Länder wie Ägypten, Bhutan oder Tschad, in denen Familien mit wesentlich mehr Mitgliedern mit nur 70 bis zu erstaunlichen 1,62 Dollar auskommen!


Klar hat die Fastenzeit den erfreulichen Nebeneffekt, dass wir eine gratis Schönheitskur verpasst bekommen. Doch der Haupteffekt ist ein ganz anderer, den jeder von uns auf seine eigene Weise verspürt! Einige überrascht es, wie gut man auch mit weniger auskommen kann, solange unser „täglich’ Brot“ uns satt hält. Andere vermissen lieb gewonnene und als selbstverständlich angesehene Nahrungsmittel vielleicht so sehr, dass sie sie nach der Fastenzeit viel bewusster und dankbarer anzunehmen wissen. Andere wiederum beschließen vielleicht sogar, ihren Überfluss öfter einmal mit Mitmenschen zu teilen.


Den Startschuss in diese besondere Zeit gibt nun das Aschenkreuz, welches wir auf die Stirn gestrichen bekommen, und die darauf folgende einstündige Anbetung für den Frieden. Wir versuchen, unsere Herzen zu öffnen, einmal ordentlich auszumisten und aufzuräumen, die blendenden Gegenstände und gierig machenden Nahrungsmittel beiseite zu schieben und ausreichend Platz zu machen, damit Gott, unser Kavalier (der sich niemals aufdrängt) und unser Vater (der nur das Beste für seine Kinder will), uns die Dinge „ans Herz legen“ kann, die tatsächlich glücklich machen.