Im Stall von Baumgarten - Kommet nach Betlehem

Alle Jahre wieder wird der Altarraum in der Pfarre Baumgarten am 24. Dezember zur Bühne für viele tüchtige Kinder, die für das jährliche Krippenspiel schon lange üben und es kaum erwarten können, Weihnachten für viele Baumgartner zu „eröffnen“. So versammelten sich auch heuer wieder zahlreiche Kinder und Erwachsene zu diesem berührenden Schauspiel.

Der Altar ist abgebaut, die Teppiche ausgelegt, ein Lagerfeuer steht für die Hirten bereit. Die Christbäume sind stimmungsvoll geschmückt, eine Gruppe Engel probt den gemeinsamen Flügelschlag und die Musiker stimmen ihre Instrumente. Seit Tagen laufen bereits die ersten Vorbereitungen für dieses Spektakel. Auf die Frage „Bist du schon aufgeregt?“ reagieren die Kinder erstaunlich lässig. Sei es ein Schaf oder eine der Hauptfiguren, die Kinder können es kaum erwarten, Teil des jährlichen Krippenspiels zu werden.


Nach und nach füllt sich die Kirche, es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Bänke nicht mehr ausreichen und die Teppiche als Sitzplatz herhalten müssen. „Wo kommen denn all die Kinder her?“ fragt mich ein verwunderter Erstbesucher unserer Kirche. Diese (ganz offensichtlich rhetorisch gemeinte) Frage bringt mich zum Schmunzeln – natürlich voller stolz auf die vielen Kinder, die in unserer Kirche herumwuseln.


Unser Pfarrer Clemens Abrahamowicz spricht einleitende Worte und versucht mit seiner milden Stimme, den großen lauten „Stall“ in eine ruhige, weihnachtliche Atmosphäre zu versetzen. Alle vier Kerzen am Adventkranz brennen - erleuchtet mit dem Feuer, das heute extra aus Betlehem zu uns nach Wien eingeflogen wurde. Für eine ganz besonders weihnachtliche Stimmung sorgen auch die vielen bekannten Weihnachtslieder, die uns durch die Kinderkrippenfeier begleiten. *Wir sagen euch an den lieben Advent*


Am Anfang des Krippenspieles erfahren wir etwas über die heilige Anna, unsere Kirchenpatronin. Anna hat sich stets darum bemüht, dass ihre Tochter Maria Gott lieben lernt und immer ja sagen soll, wenn Gott etwas von ihr möchte. So hat Maria immer versucht, gut zu sein, heilig zu sein und zu Gott zu beten, egal, ob es ihr gut oder schlecht ging. Darum hat Gott Maria ausgewählt und ist zu ihr gekommen. *Heilig, heilig, heilig*


Plötzlich düst der kleine Erzengel Gabriel im weißen, strahlenden Kleid durch die Kirche. Er überbringt der überraschten und überwältigten Maria mit klarer Stimme die Nachricht, dass Gott ihr ein Kind schenken wird, das sie Jesus nennen soll. Als der Engel wieder weg ist, steht Maria alleine dar, etwas unsicher, beschließt aber, Gottes Wunsch zu erfüllen. Erleben wir nicht auch oft religiöse Hochgefühle, die uns überwältigen und fröhlich stimmen, die uns aber dann im Alltag oft verlassen, sodass wir verunsichert sind? *Gegrüßet seist du Maria*


Während Maria zu ihrer Cousine Elisabeth geht, um ihr vom Geschehenen zu berichten, fällt der Scheinwerfer auf Josef. Voller Sorgen über die Tatsache, dass Maria ein Kind bekommt, das nicht seines ist, geht er zu Bett. Im Traum besucht auch ihn der Erzengel Gabriel mit den Worten: „Fürchte dich nicht!“. Ist es nicht schön, Gottes Stimme zu hören? Josef schöpft neue Kraft und beschließt, diesen Weg, den sich Gott wünscht, mit Maria gemeinsam zu gehen. Als Kaiser Augustus verlautbart, dass alle sich in Steuerlisten eintragen müssen, und Maria und Josef eine weite Reise nach Betlehem antreten müssen, bereitet Josef voller Gottvertrauen für seine hochschwangere Frau den Weg. *Maria durch ein Dornwald ging*


So ziehen die beiden auf der Suche nach einer Unterkunft durch unsere Kirche und werden zwei Mal an der Türe abgewiesen. Erst beim dritten Versuch haben sie das Glück, sich in einem kleinen, stinkenden Stall niederlassen zu dürfen. Versperren nicht auch wir oft die Türen zu unseren Herzen, weil dort kein Platz für andere ist?


Es ist die Zeit der Niederkunft, Maria bringt das kleine Jesuskind zur Welt und legt es in Windeln gewickelt in die Krippe. Unser Christkind ist heuer der kleine Ben, der offensichtlich kein Problem damit hat, in einer Futterkrippe zu liegen. Seelenruhig und gut verpackt schlummert er vor sich hin, während Maria und Josef ihn bewachen. Unser Pfarrer Clemens Abrahamowicz weist uns auf die Krippe als Futterstelle hin. Wird Jesus später nicht selbst zum Futter? „Betlehem“ bedeutet übersetzt „Haus des Brotes“, wird Jesus später nicht selbst zum Brot, wenn er zur Kommunion gereicht wird? *Still, still, still*


Außerhalb des Stalles ist alles ruhig. Zahlreiche Hirten haben sich um ein Lagerfeuer herum versammelt und bewachen ihre Schafe. Sie wissen noch nicht, dass Jesus später selbst als Hirte zu ihnen kommen und auf sie aufpassen wird. Als die Hirten müde werden, kommt plötzlich eine riesige Schar an Engeln zu ihnen herab und verkündet jubelnd die Geburt Jesu. *Engel singen Jubellieder* Genauso plötzlich wie sie aufgetaucht sind, sind die Engel auch wieder weg. Anstatt am Erlebten zu zweifeln, vertrauen die Hirten ganz auf Gott und machen sich mit ihren Schafen auf den Weg zur Krippe. *Kommet ihr Hirten*


Zahlreiche Schafe, Ochsen und Esel stehen um das kleine Jesus-Baby herum und wärmen es mit ihrem Atem. In unserer Kirche erschallen aus allen Ecken „Muuuuh“s, „Iiiiaaaah“s und „Määääääh“s als akustische Unterstützung der Erwachsenen für die fleißigen jungen Schauspieler. Alle Kinder in der Kirche werden nun eingeladen, ganz egal ob als Stalltiere oder Hirten, ganz nah an die Krippe heranzukommen. *Ihr Kinderlein kommet*


Über Betlehem hängt inzwischen ein Stern, der Caspar, Melchior und Balthasar (den drei Weisen aus dem Morgenland) dabei helfen soll, das Jesuskind zu finden. Auf menschlichen Kamelen angeritten, kommen sie durch den Mittelgang unserer Kirche angereist, um Jesus ihre Geschenke zu bringen. Sie werden allerdings trotz der Hilfe des Sterns noch eine Weile brauchen, bis sie in Betlehem angekommen sind. *Stille Nacht*


Auch wir bekommen Besuch im Stall unseres Lebens. Unser Pfarrer erklärt uns, dass Jesus uns alle liebt. Nur er kennt die Tragweite des Leidens, das uns manchmal heimsucht, er ist der Einzige, der sie nachvollziehen kann. Es ist kein Zufall, dass das Jesuskind in den Windeln eingewickelt aussieht wie ein Toter, der in der Krippe liegt wie in einem Sarg. Jesus siegt über den Tod, er siegt über die Sünden und ist heute Nacht in allen unseren Herzen geboren. *Oh du fröhliche*


Bevor alle nach Hause gehen und die spannende Bescherung losgehen kann, erinnert uns unser Pfarrer Abrahamowicz daran, dass das größte Geschenk an Weihnachten Jesus selbst ist! Er hebt das kleine Jesusbaby aus der Krippe und drückt ihm einen Kuss auf die Wange. Alles vergeht, aber Jesus bleibt! Jesus ist für dich da, auch wenn du ganz allein, ohne ein einziges Spielzeug oder Geschenke bist. *Es wird scho glei dumpa* *Leise rieselt der Schnee*


Wie ein Flugbegleiter lotst Pfarrer Clemens Abrahamowicz die Schafe in die eine Richtung und die Hirten in die andere, damit alle koordiniert und ohne Gedränge wieder aus der überfüllten Kirche hinauskommen. Von Entspannung nach dem erfolgreichen Krippenspiel ist aber noch lange nicht die Rede! Eines der Kinder verrät mir am Ausgang, dass es trotz des guten Essens daheim und der darauf folgenden, aufwühlenden Bescherung die gemeinsame Mette zur späten Stunde keinesfalls verpassen möchte …