Ich geh mit meiner Laterne

Am Mittwoch, dem 6. November waren wieder zahlreiche kleine Lichter auf der Linzer Straße zu bestaunen. Nein, weder Kometen noch Glühwürmchen waren die Ursache des Geschehens – sondern das alljährliche Laternenfest, zu dem sowohl Kindergarten- und Hortkinder als auch deren Eltern im stimmungsvollen Laternenschein in die Pfarrkirche St. Anna Baumgarten einzogen.

Zahlreiche selbst gebastelte Laternen, so viele Kerzen … kein Wunder, dass die sanften Worte von Pfarrer Clemens Abrahamowicz diesmal nur bedingt für Stille sorgen, denn gerade die Kleinsten unter den Kindern sind von der kuscheligen Stimmung, die die vielen bunten Laternen verbreiten, besonders beeindruckt! Mit voller Inbrunst singen daher auch alle Kinder beim allseits bekannten Laternenlied 'Ich geh mit meiner Laterne' mit.


Doch das heutige Fest hat nicht nur mit Laternen zu tun! Die meisten Kinder wissen ganz genau, weshalb wir an jenem Nachmittag noch zusammengekommen sind – wir wollen uns heute an den heiligen Martin zurückerinnern. Einige Kinder, nämlich die aus den 3. und 4. Klassen, haben sogar ein kleines Schauspiel vorbereitet, um uns die Geschichte des heiligen Martin möglichst anschaulich zu erklären.


Der heilige Martin war ein Reitersmann, der eines Tages, als er gerade unterwegs war, einen armen Bettler weinen hörte. Dieser Bettler fror fürchterlich, also zog Martin sein Schwert und teilte seinen eigenen Mantel damit in 2 Hälften. Die eine Hälfte behielt er für sich und die andere Hälfte schenkte er dem Bettler. An diesem Abend musste auch der heilige Martin etwas frieren, aber er war glücklich, dem armen Bettler ein bisschen geholfen zu haben.


Pfarrer Abrahamowicz erzählt uns, dass viele gar nicht wüssten, wie die Geschichte weiterging. Als der heilige Martin sich an jenem Abend schlafen legte, träumte er von Jesus. In diesem Traum trug Jesus den halben Mantel, den Martin dem Bettler zuvor gegeben hatte. Dank dieses Traumes hatte Martin verstanden: Alles was ich für einen armen Bettler mache, mache ich für Jesus!


Wenn Jesus in uns ist, dann geben wir die Liebe von Jesus weiter und wenn wir einen Bettler sehen, dann dürfen wir nicht übersehen, dass Jesus auch in ihm sein könnte! Pfarrer Clemens Abrahamowicz erklärt uns, dass Jesus sich manchmal ziemlich gut versteckt, manchmal nicht nur als armer Bettler, sondern sogar als ein etwas böser Bettler. Aber auch dann müssen wir ein großes Herz haben und dürfen Jesus nicht übersehen!


Dann hält Pfarrer Abrahamowicz ein Kipferl hoch. In alter Tradition werden nach der Messe am Ausgang Kipferln an die Familien verteilt. Diese Kipferln sollen zuhause miteinander geteilt werden, als Erinnerung daran, wie der heilige Martin den Mantel geteilt hat. Beim Kipferl bleibt nach dem Teilen zwar nur die Hälfte oder weniger übrig, wenn wir aber das Laternenlicht weitergeben, dann vervielfältigt sich das Licht!


So verhält es sich auch mit der Liebe Gottes – sie vervielfältigt sich, wenn man sie mit anderen teilt und erwärmt unser aller Herzen! Passend dazu singen die Kinder – diesmal sogar untermalt mit Bewegungen – das den Kindern gut bekannte Lied 'Gottes Liebe ist so wunderbar – so wunderbar groß'.


Doch was hat es mit dem Ganslessen auf sich? Nun, die Geschichte vom heiligen Martin geht noch weiter. Als die Leute beschlossen, dass Martin Bischof werden sollte, versteckte sich dieser in seiner Bescheidenheit bei den Gänsen. Die Gänse freuten sich wenig über den überraschenden Besuch und begannen heftig loszuschnattern (lauter schnatternde Gänse ertönen unter den Kindern in der Kirche). So ließ sich der heilige Martin letztendlich doch noch zum Bischof machen und die Gänse … naja, diese haben sich hiermit unverhofft in der langjährigen Tradition des Ganslessens verewigt.


Laternen, Kipferln, der heilige Martin und das Ganslessen – nach einem letzten traditionellen Laternenumzug um die Kirche verabschieden sich die Familien nach Hause, um sich nach den vielen spannenden Geschichten nun zuhause den eigenen Gansln und Kipferln zuzuwenden.