Der Heilige Geist im Landeanflug

Wenige Tage vor der Firmung verbrachten unsere Firmlinge am Ende ihrer Vorbereitungszeit im Mai ein gemeinsames Wochenende im Waldviertel. Wir haben sie dabei begleitet und bei ihren Begegnungen untereinander und mit dem Heiligen Geist beobachtet.

Als er so viel jugendliche Energie auf sich zukommen sieht, scheint Hans, der Busfahrer, ziemlich überrascht. Die Worte „Pfarre Baumgarten“ auf seinem Auftragsschein hätten eher eine gesetztere Seniorenrunde auf dem Weg zu einer Wallfahrt mit Heurigenbesuch erwarten lassen. Stattdessen stapfen 14 bestens gelaunte Teenager auf ihn zu, bringen ihr Gepäck im Kofferraum unter und betreten lachend und wild durcheinanderredend sein Fahrzeug.


So jung und cool kann Kirche also sein! Obwohl es für einen schulfreien Samstag noch recht früh ist, wirkt keiner der 14-Jährigen übellaunig, als sich der Bus in Bewegung setzt. Alle scheinen sich auf die gemeinsame Zeit zu freuen, schon werden Zimmerpläne geschmiedet und die Fotoapparate für erste Anreisefotos ausgepackt. Der kleine Ort Sallingstadt im Waldviertel ist das Ziel unserer Firmlinge, die nach dem Kennenlernwochenende im November bereits zum zweiten Mal gemeinsam für zwei Tage wegfahren.


Zwei Stunden später ist der angebliche Kältepol Österreichs erreicht. Von Frost ist freilich weit und breit nichts zu spüren. Die Mai-Sonne lacht vom Himmel und lädt zum Verweilen auf der Terrasse ein. „Geh’ma chillen!“, schlägt ein Bursch den anderen vor. Alles andere als frostig ist auch die Stimmung unter den Firmlingen und ihren Firmleitern. Beim Einstiegsspiel fetzen beide Generationen durch den Garten und müssen sich die Bäuche vor Lachen halten. Dann gilt es, in Zweiergruppen möglichst viele Begriffe und Gegenstände herbeizuschaffen, die in der Bibel zu finden sind. Kreativität ist gefragt und unter den jungen Talenten schnell gefunden. Wer hätte gedacht, dass wir so vieles aus der Bibel heute unter uns haben?


Nach dem vom schon traditionell gebuchten Baumgartner Küchenduo Christine und Margit gezauberten Mittagessen und einer gemütlichen Runde „Chillen“ im Garten, steht am Nachmittag das Kernthema des bevorstehenden Sakraments auf dem Programm: „Spirit is coming“ ist auf dem Tagesplakat zu lesen, das die Firmlinge durch die gemeinsame Zeit lotst.


Gemeinsam wird das Pfingstereignis nicht nur erzählt, sondern live nachgespielt. Kaplan Pawel Marniak und das Firmteam laden die Mädchen und Buben ein, das Sturmbrausen mit eigenen Geräuschen nachzuahmen. Auch richtige Feuerzungen sind bald zu sehen und als es darum geht, Wünsche an den Heiligen Geist zu formulieren, zeigt sich, was die Firmbegleiter bereits jeden Donnerstag in diesem Schuljahr erleben durften: dieser Jahrgang ist ein ganz besonderer – es werden keine pubertären Blödheiten geäußert, sondern die jungen Christen scheinen sich ehrlich und mit ganzem Herzen auf den Heiligen Geist einzulassen. Sehr persönliche und sehr kluge Gedanken werden ausgesprochen und vom Rest der Gruppe angenommen.


Beeindruckend gelingt auch das Experiment, in einem Sprachengewirr das Vaterunser in vielen verschiedenen Sprachen gleichzeitig zu sprechen. Spanisch, Englisch, Französisch, Esperanto, Polnisch, Latein und Italienisch erfüllen den Saal. Eine faszinierende Erfahrung, die so manchen Firmling an den gemeinsamen Aufenthalt beim Taizé-Treffen über Silvester erinnert.


Doch auch der Spaß soll an diesem Tag nicht zu kurz kommen und so haben die Firmkandidaten als nächstes die Aufgabe, aus Karton und diversen Materialien ihre Leiter nachzubauen. Wahre Basteltalente treten zu Tage, als die Jury wenig später die Kunstwerke beurteilt und versucht, sie ihren lebenden Pendants zuzuordnen. Wieder liegt sie in der Luft, die Fröhlichkeit, das gewinnende Lachen und Kudern der Teenager, die einfach ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Auch die Erwachsenen bleiben dagegen nicht lange immun und lassen sich bald davon anstecken.


Und doch, für alles gibt es eine Zeit, steht in der Heiligen Schrift. Ging es vor dem Abendessen noch laut und lustig im Aufenthaltsraum des Jugendgästehauses zu, haben die Mädchen und Buben überhaupt kein Problem damit, wenig später ganz ruhig zu werden, um sich auf ihre „Praystation“ einzulassen. Als beim Feedback am Ende des ersten Firmwochenendes diese Gebetseinheit von den Firmlingen als das größte Highlight genannt worden war, traute das Team seinen Ohren nicht. Jugendliche, die freiwillig beten? Für sich allein? Ohne zu tratschen? Und das eine ganze Stunde lang? Ja, es hatte damals funktioniert und auch diesmal lassen sie sich voll und ganz auf die Praystation ein.


Untermalt durch meditative Musik stehen im Raum verteilt verschiedene Angebote zum Ausprobieren bereit: Taizé-Gesänge, gregorianische Choräle oder ein überdimensionaler Rosenkranz. Mandalas und moderne Gebete sowie Psalmen. Und Briefe von Gott, die mit Briefen an Gott selbst beantwortet werden können. Ganz und gar vertieft lassen sich die Firmlinge auf ihre persönliche Glaubenswelt ein. Konzentriert knien, hocken oder liegen sie bei den Stationen und widerlegen auf beeindruckende Weise das Klischee von dummen, oberflächlichen Pubertierenden, die nur wegen des Patengeschenks zur Firmung gehen. Wenn diese Menschen die Zukunft Baumgartens sind, muss sich kein Pfarrer Sorgen machen!


Beendet wird der offizielle Teil des Abends mit einem Fantasy-Taschenlampenspiel, bei dem es gilt, mucksmäuschenstill durch die dunklen Gänge zu schleichen und den als Robotern verkleideten und mit Knicklichtern dekorierten Leitern auszuweichen. Allen macht es großen Spaß, in dieser Gruppe zu spielen, und im Nu rast die Zeit dahin. Müdigkeit setzt freilich nicht so schnell ein und so genießen die Jugendlichen bei Partymusik und Chips, dass sie an diesem Samstag deutlich länger als zuhause aufbleiben können.


Trotz der kurzen Nacht sind am Sonntagvormittag alle topmotiviert für die gemeinsame Vorbereitung des Gottesdienstes. Während die musikalischen Talente die Lieder einstudieren und perfektionieren, überlegt sich die Gruppe „Spiel mich!“ eine ansprechende szenische Darstellung des Evangeliums. Die dritte Gruppe gestaltet derweil ein wunderschönes Altarbild aus selbst gesammelten Blüten und so steht der Feier der Messe nichts mehr im Wege. Sogar Hans, der Busfahrer, gesellt sich dazu und feiert mit. Hat auch er gespürt, dass das eine ganz besondere Gruppe ist?


Was ihnen gefallen hat, werden die Mädchen und Buben am Ende des Firmlagers von ihren Leitern gefragt. Neben dem Taschenlampenspiel wird wieder die Praystation von ganz vielen als persönliches Highlight genannt. „Es war alles so cool!“, ruft ein Mädchen und erntet Zustimmung von allen Seiten. Und ein anderer Firmling spricht der ganzen Gruppe aus dem Herzen: „Es ist so toll, dass wir hier zwei Tage zusammen verbringen durften! Man hat bei allem die Gemeinschaft einfach so stark gespürt, das ist doch das Wichtigste!“ Und was kam nicht so gut an? Nach längerem Schweigen hebt jemand seine Hand: „Also, es war ein absolut geiles Firmlager. Aber dass es so kurz war, das ist wirklich voll unfair!“


Wenige Tage später werden diese besonderen jungen Menschen mit ihren schönsten Kleidern und Anzügen vor Firmspender Leo Maasburg treten, um das Sakrament der Firmung zu empfangen, auf das sie sich seit November vorbereiten. Der Heilige Geist ist im Landeanflug und die Herzen dieser Firmlinge hat er längst in Brand gesteckt!