Karfreitag: Liebe bis in den Tod

Der Karfreitag ist der zweite Tag der dreitägigen durchgehenden Liturgie.
Trauriger Höhepunkt: der Leidensweg Jesu und sein Tod am Kreuz. Sinnlos, wie es scheint - und doch so wichtig für uns.
Unsere Sünden, unseren Schmerz hat er mit aufs Kreuz genommen und in Liebe verwandelt.

von Christine Szedenik

Fotos: Rafael Riedler



Ganz still ist es in der Kirche, kein Orgelpräludium, keine Begrüßung, kein Kreuzzeichen …, fast lautlos ziehen die Priester, Seminaristen und Ministranten in die Kirche ein. Der Altarraum ist ungeschmückt, der
Tabernakel offen und leer.

Vor den Altarstufen werfen sich die Priester zu Boden, verharren minutenlang im stillen Gebet. Es ist Karfreitag, der zweite Tag der dreitägigen, durchgehenden Liturgie, der leidvollste Tag im Leben Jesu und der Christen.

 

Noch in den späten Abendstunden des Gründonnerstags wurde Jesus im Garten Getsemani von Judas verraten,  von den Soldaten festgenommen und zum Verhör vor Pilatus gebracht.

Nichts hatte er sich zuschulden kommen lassen. Aber er war den Pharisäern und Schriftgelehrten ein Dorn im Auge, er war nicht der Kämpfer, der König, der mit Macht und Gewalt auftrat,  so wie sie es erhofft hatten. Er lebte  und predigte die Liebe, die Barmherzigkeit, er heilte Kranke, stand den Armen zur Seite  und gab sich mit Sündern und Ausgestoßenen ab. Er war unbequem, also musste er weg, bevor er noch mehr Anhänger bekam. Er wurde gegeißelt, gemartert, geschlagen, mit Dornen gekrönt, musste den schweren Balken des Kreuzes tragen, an das er schlussendlich angenagelt wurde und um drei Uhr nachmittags nach qualvollen Stunden sein Leben aushauchte.

Normalerweise lesen der Priester und ein paar Lektoren die Passion am Karfreitag. Dieses Mal ist es anders. Der Kirchenchor singt die Passion nach Johannes in verteilten Rollen, mit passenden akustischen Geräuschen untermalt, so ausdrucksstark, dass so manchem Messbesucher eine Gänsehaut über den Körper läuft, so nah fühlte man sich ins Geschehen eingebunden.

 

Auch heuer ließ es sich unser „Mann in Rom“, Michael Weninger, nicht nehmen, die Kartage in seiner Heimatpfarre mitzufeiern. „In Rom ist es nicht so schön wie in St. Anna“, stellte er wieder beeindruckt fest. In seiner Predigt unterstrich er nochmals, dass Jesus für uns alle dieses Leid auf sich genommen hat, all unsere Sünden, all unsere Trauer, Verzweiflung, alle Not hat er auf sich genommen, damit wir befreit leben können.

Traditionell gehören zum Karfreitag die 10 großen Fürbitten. Auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Franziskus kam heuer eine dazu: Wir beteten auch für die Flüchtlinge, für alle Opfer von Terror und Gewalt, für alle, die ihre Heimat verlassen mussten.

Danach wird in feierlicher Prozession das noch verhängte Kreuz vom Vorraum der Kirche geholt und durch den Kirchenraum getragen. Vor den Altarstufen enthüllt Pfarrer Clemens Abrahamowicz den Korpus und nun haben wieder alle Gläubigen die Möglichkeit zur Kreuzverehrung.

Mit bunten Blumen in den Händen stellen sie sich in einer langen Schlange an, jeder möchte dem Gekreuzigten seine Verehrung, seine Bewunderung, seinen Dank ausdrücken.

 

 

Ohne Wandlung geht es weiter, die Kommunion wird in Stille gespendet. Danach zieht die Prozession zum Seitenaltar, zum heiligen Grab. Priester und die Assistenz  knien noch minutenlang vor dem Leichnam Jesu. Leise werden Taizé-Lieder angestimmt „In manus tuas, Pater …“ (In deine Hände, Vater …).

 Es ist für uns kaum begreifbar was hier geschah - es erscheint so sinnlos.
Aber wir wissen, dass Jesus nicht im Grab bleibt. Zum Glück kommt schon bald die Osternacht.